Aus Fremden werden Freunde…wenn auch nur für wenige Stunden. Als mein Mann mich das erste Mal auf’s Oktoberfest mitgenommen hat, hatte ich zunächst Vorurteile. Kein Wunder angesichts dessen, was in den Medien meist reflektiert wird. Es kam aber ganz anders und seit dem ersten Mal freue ich mich jedes Jahr erneut, denn anders als vermutet ist die Wiesn keine „einzige Sauforgie“, sondern ein wunderbares Volksfest, dass jedem Alter etwas bietet. Da gibt es Fahrgeschäfte für die Kleinen, Party-Zelte für die Feierwütigen, traditionelle Zelte für die Ruhigeren (zu denen ich mich zähle) und natürlich noch die Promi-Zelte.

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Klar wird viel getrunken, klar ist es Kommerz, der Millionen von Menschen der ganzen Welt anlockt und sicherlich übergibt sich der eine oder andere, aber es macht 100% Spaß, obwohl ich sonst nicht zur Fraktion „traditionelles Liedgut“ gehöre.

All die schneidigen Menschen in teilweise wunderschönen Trachten, die völlig politikfreie Völkerverständigung, das hervorragende Essen und Trinken sowie augenzwinkernder schneller Service, machen die Wiesn für mich aus. In einem Wort – nein zwei: riesen Gaudi!

Das perfekte Timing ist wichtig

Mein Mann und ich gehen in der Regel alleine, weil man ohnehin viele Leute kennenlernt und es auf diese Weise einfach ist einen Platz zu bekommen. Vormittags, unter der Woche ist es natürlich am besten, wenn man kann, denn am Wochenende ist es arg voll. Unser erster Weg führt uns in den Biergarten der Fischer Vroni. Hier wird die erste Mass (Radlermass vom Augustiner) mit einem zünftigen Weißwurst-Frühstück verzehrt:

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Damit ist man dann zunächst gut gerüstet für alles Weitere, denn lasst mich das extra betonen: die essenstechnische Grundlage ist immens wichtig, denn das Oktoberfestbier ist stärker als das normale Helle und hat es in sich. Es schmeckt allerdings wirklich hervorragend, besonders an einem sonnigen Tag.

Das verrückte ist, dass es immer super sonnig ist, wenn wir kommen, selbst wenn es die Woche zuvor nur geschüttet hat. Ich sag nur: wenn Engel reisen 😉

Die Überprüfung dieser (bisherigen) Tatsache erfolgt dieses Jahr, wo wir es leider aus beruflichen Gründen nicht schaffen. A bisserl traurig bin i scho.

Safety first

Seitdem vor 2 oder 3 Jahren die Sicherheitsmaßnahmen stark erhöht wurden ist es – zumindest für mich gefühlt – nicht mehr so arg voll.

Achtung Ladies, die Taschen dürfen wirklich nur noch eine minimale Größe haben, ansonsten, z.B. mit Rucksack, hat man keine Chance reinzukommen, egal wie vertrauenswürdig man (zu Beginn) aussehen mag…

Sorgen über Pöbeleien im Zelt muss Mann und Frau sich nicht machen, denn wenn mal jemand aus der Reihe schlägt, dann ist die Security ruckzuck zur Stelle und führt den Delinquenten raus.

Die Wahl des richtigen Zelts

Durch die erhöhten Sicherheitsmaßnahmen hatten anders als die Jahre zuvor tatsächlich die Möglichkeit uns auch Nachmittags ganz entspannt sämtliche Zelte, inklusive Käfer’s, anzuschauen. Das oft im Fernsehen gezeigte Promi-Zelt Käfers’s ist optisch zwar sehr schön, aber für meinen Geschmack überschätzt. Letzten Endes geht es hier um sehen und gesehen werden, woran mir so gar nichts liegt. Ich persönlich mag die urigen Zelte, wie eben die Fischer Vroni am liebsten. Richtig gut hat es mir auch im Schützenzelt gefallen, wo die Partylaune dann aber schon deutliche Züge trug. Hier ein paar Impressionen:

 

Am Ende des Tages hängt es auch ein bisschen davon ab, mit wem man am Tisch landet, denn eines ist mal klar: an einen Tisch gehen 10 Leute und die kommen auch ran. In großen Gruppen hat man mit Sicherheit auch große Probleme einen Platz zu finden, aber zu viert läuft es super:

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Berührungsängste sollte man auf der Wiesn wirklich nicht haben. Wir haben auf jeder Wiesn super nette und interessante Leute kennengelernt und spontane lustige Abende verbracht, die ich keinesfalls missen möchte. Da kommt Jung und Alt und jede Nationalität zusammen, ist sofort im Gespräch und verlebt einen witzigen Abend.

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Die lustigen Gesellen mit den Einheitshemden waren Wiesn Frischlinge aus Bremen 😉

Wichtig ist natürlich auch zwischendurch nochmal zu essen 😉 Mein absoluter Favorit auf der Wiesn ist der Steckerlfisch mit einer Wiesn-Brezn.

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Der Steckerlfisch von der Vroni ist am besten!

Richtig gut gefällt es uns auf der Oidn Wiesn (Alte Wiesen). Hier geht es durchaus uriger und viel ruhiger zu. Die Oide Wiesn liegt hinter der Bavaria und ist separat eingezäunt. Man zahlt hier nochmal 3 EUR Eintritt, kann dafür allerdings auch alle Fahrgeschäfte drinnen nutzen, die samt und sonders Antiquitäten sind. Sehr charmant! Es gibt ’nur‘ 3-4 Zelte mit Biergärten, die deutlich kleiner sind, als die Rießen des großen Bruders. Das Bier wird hier beispielsweise in Steinkrügen serviert, was ich zum einen sehr schön finde, was zum anderen aber auch das Bier deutlich kühler hält! Die Unterhaltung ist dann ebenfalls sehr traditionell: Volkstänze und Goaßelschnalzen (Männer mit Peitschen – sehr crazy).

I love Trachten

Auch die Trachten sind weniger auffällig, wobei ich ohnehin von allzu bunten, modischen Dirndl bin. Ich persönlich begrüße sehr Retro-Trends bei Trachten, wie zum Beispiel von der Marke Gott-sei-Dank designed, die man beim Lodenfrey shoppen kann. Den Stop im Lodenfrey machen wir übrigens auch regelmäßig. Zuletzt haben wir gemeinsam mit Arnold Schwarzenegger geshoppt, hihi. Kein Scherz. Seine Bodyguards haben ihn alle um einen Kopf überragt, aber bei den Waden kann ihm in Lederhosen niemand was vormachen 😉

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Erstmal einen Kaffee, bevor es auf die Wiesn geht
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Auch mein Mann mag es traditionell und mal ehrlich: ich liebe ihn ja immer, aber in Tracht liebe ich ihn immer 1 x mehr 😉

Ich muss gestehen, ohne ein Dirndl-Typ zu sein, habe ich mir fast jedes Jahr ein neues gekauft, weil ich diesem Gefühl einfach nicht widerstehen kann. Dirndl fühlt sich ganz besonders Fraulich an. Hier mein letzter Kauf (ein Schnäppchen), dass ich am Tegernsee gemacht habe. Dazu trage ich den wunderschönen Schmuck, den mir meine Omi geschenkt hat.

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Wer die Wiesn zum ersten Mal besucht, wird feststellen, dass die meisten Besucher Tracht tragen. Mir gefällt das sehr. Viele kaufen sich vor dem Festbesuch noch eben Dirndl oder Lederhose. Ich denke, wer es sich leisten kann, der sollte auf Qualität zu setzten, denn die günstigen Varianten sitzen einfach nicht. Eine Tracht ist ohnehin ein Kleidungsstück, dass nicht aus der Mode kommt, sonst wär’s ja keine Tracht, was laut Wikipedia soviel besagt wie:

Im engeren Sinne wird das Wort für traditionelle, historische oder regionaltypische Mode gebraucht. Die Tracht folgt einer überlieferten Kleiderordnung.

Ich persönlich setzte sowohl beim Outfit, als auch beim Schuhwerk auf Qualität. Tatsächlich habe ich zwar mittlerweile 5 Dirndl, aber nur ein Paar Schuhe. Das Modell heißt „Sissy“ und ist von der Münchner Schuhmanufaktur Bertl.

Der Heimweg

Der Rückweg gestaltet sich nicht ganz einfach. Taxis kann man vergessen. Keine Chance. Laufen (so wie auf dem Hinweg) ist eher schwierig, also nichts wie in die Fahrrad-Rikscha. Der krönende, holprige und äußerst witzige Abschluss eines perfekten Tages auf der Wiesn.

Zum Glück ist nach der Wiesn vor der Wiesn. Nebenbei bemerkt ist München selbst natürlich auch eine Reise wert. Wir sind meist nur ein bis maximal zwei Mal auf dem Fest und erforschen ansonsten die Stadt. Gibt immer was neues zu entdecken und man kann seine ganzen Trachtenlooks tragen, ohne, dass man bescheuert angeschaut wird.

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Fazit: Ich empfehle den Besuch des Oktoberfestes von ganzem Herzen. Allerdings würde ich mich von den Wochenenden fernhalten.

 

4 replies on “Bavarian Gemütlichkeit oder Warum ich Tracht liebe

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