Mit wirklich großer Freud, Neugier und wachsender Begeisterung habe ich diesen Roman von Laetitia Colombani gelesen. Warum? Gute Frage. Ich kannte die Autorin nicht, kein Wunder, ist ja auch ihr Erstlingsroman und hatte nichts über dieses Buch gehört. Aber schaut es doch mal an…ich musste es kaufen, auch wenn es zehn mal heißt

Don’t judge a book by its cover

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Generell bin ich nicht fixiert auf den Einband, aber es schadet definitiv nicht, wenn er ein Blickfang ist. Ich achte dann normalerweise schon eher darauf, wie die Geschichte beschrieben ist und wer, welchen Senf dazu abgegeben hat.

Jedenfalls hat es mich magisch angezogen und musste mit. Zum Glück, denn es hat mich auch inhaltlich in seinen Bann gezogen.

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Wie ganz richtig außen dargestellt geht es um die Geschichte dreier Frauen, die mal abgesehen davon, dass sie auf jeweils anderen Kontinenten leben, auch von Ihrer Geschichte her nicht unterschiedlicher sein könnten.

Diese Geschichten werden parallel und immer abwechselnd kapitelweise erzählt.

Unberührbar, aber ungebrochen in Indien

Da haben wir eine Inderin, die zur Kaste der Unberührbaren gehört und deren Job es ist per Hand die Exkremente anderer zu beseitigen. Ein Schicksal, dass sie ihrer kleinen Tochter ersparen will. Sie schmiert mit ihrem mühsam Ersparten den Lehrer der kleinen Schule in der Nähe, damit zumindest ihre Tochter lesen und schreiben lernt. Doch am ersten Schultag wird die Kleine gedemütigt und geschlagen, so dass nur ein Ausweg bleibt. Fliehen. Ihren Mann, der sich dem Schicksal fügt, zu verlassen kann sie den Tod kosten. Die Sitten sind rau, aber sie wagt es und bittet bei einem entfernten Tempel, den sie auf ihrer entbehrungsreichen Reise besuchen, um Beistand. Opfergaben in Form von Essen, Geld oder Schmuck kann sie nicht darbringen, aber sie und Ihre Tochter haben ja ihr langes, schwarzes Haar…

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Krank, aber störrisch in Kanada

Ganz anders kämpft in Kanada eine eiserne Anwältin mit Ihrer plötzlichen und völlig unerwarteten Krebserkrankung. Aber sie muss gegen viel mehr ankämpfen, als die Tumorzellen. Sie kämpft auch um ihr berufliches Leben, für das sie viel geopfert hat. Sie hat sich mit unermüdlichem Eifer an die Spitze vorgearbeitet, ist Partner geworden und in der Kanzlei einfach unersetzlich. Doch sie lernt auf die ganz harte Tour, dass jeder Mensch ersetzbar ist und ihr noch lange nicht jeder gute Besserung wünscht, sondern vielmehr in den Startlöchern steht, um ihren Platz einzunehmen.

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Leidenschaftlich und innovativ in Italien

Die dritte parallel laufende Geschichte spielt in Italien. Hier verliert eine Tochter ihren geliebten Vater und stellt mit Entsetzen fest, dass das Familienunternehmen – Perückenmacher – vor dem Aus steht. Das Problem? Mal abgesehen, dass sie sich in einen Inder verliebt, der vom Rest des Dorfes aufgrund seiner Andersartigkeit fertig gemacht wird, gibt es in Sizilien einfach nicht genug Haar. Und genau darauf beruht die mit Stolz bewahrte Tradition der kleinen Fabrik. Doch sie setzt alles daran, um die schrulligen Arbeiterinnen vor der Arbeitslosigkeit zu retten, indem sie sich mit dem Einfall, Haar zu importieren, durchsetzt.

Ja schon klar. Jetzt wo ich es so aufgeschrieben habe, ist es vermutlich einfach zu verbinden, wie die sehr unterschiedlichen Geschichten der Frauen zusammenhängen und welche Rolle „der Zopf“ spielt, aber während man liest, wird einem das nicht unmittelbar bewußt. Im Gegenteil.

Das Buch ist wunderbar feinsinnig und gehört für mich zu der Sorte Bücher, die ich liebe. Solche Bücher zeichnen sich durch die sprachliche Qualität aus, die Qualität der Geschichte und der Tatsache, dass man noch etwas dabei lernen kann. In diesem Fall geht es im Grunde um die Härten, die diese Frauen erleben (insbesondere in der indischen Geschichte nichts für schwache Gemüter), wie es ihnen möglich ist daran zu wachsen und wie sie ihr Schicksal in die Hand nehmen. Das mag jetzt ein bisschen abgedroschen und plakativ klingen, aber man nimmt der Autorin ihre Worte ab. Sie sind mit bedacht gewählt und das Buch ist nicht rührselig, wenn es mich auch keineswegs kalt gelassen hat.

Ich habe bedauert, dass ich fertig war und habe seit dem noch kein neues angefangen, weil es nachhallt. Aber jetzt hab ich’s mir ja von der Seele geschrieben 😉

Fazit: absolute Kaufempfehlung!

5 replies on “Haarige verwebte Buchperle – Der Zopf

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