Bernhard Schlink knüpft an seinen größten Erfolg „Der Vorleser“ an. Tatsächlich war eine ähnlich lautende Kritik von Rainer Hartmann vom SWR einer der Gründe, warum ich mal wieder einen Schlink gekauft habe. Schließlich war ich von „Der Frau auf der Treppe“ eher enttäuscht. Mit Olga legt Schlink einen dreiteiligen Roman vor, der Züge des Vorlesers trägt und doch ganz anders verläuft.

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Erster Teil

Schlink beschreibt das Leben von Olga, einer Waisen, die in einem kleinen Dorf in Pommern groß wird und Herbert, den Sohn der reichsten Familie vor Ort zu ihrem besten Freund und später zu ihrem Liebhaber macht. Wie nicht anders zu erwarten ist die Familie strickt dagegen und versucht alles, um die Liebenden zu trennen. Doch die Intrigen der Familie wären gar nicht notwendig gewesen, hätten sie geahnt, dass die wahnwitzigen Kolonialbestrebungen der Deutschen in Afrika ihren Herbert verführen würden. Verführen, sie über Jahre zu verlassen und nach immer größerem zu streben. Denn Afrika ist Herbert bald nicht mehr genug, nein, die Weite der Arktis lockt ihn und in ihr geht er schließlich verloren.

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Doch das Verschwinden von Herbert im ewigen Eis ist nicht das Ende der Geschichte über Olga, nein, wir erleben, wie sie sich durch eifriges Lernen durchsetzt und Lehrerin wird. Besonders nimmt sie sich dem Schüler Eik an, der Herbert ein Dorn im Auge war, repräsentierte er doch das sesshafte Leben, dass Olga sich mit ihm gewünscht hatte. Doch auch Eik fällt in die Kategorie „will zu viel“ und schließt sich sehr zu Olgas Entsetzen den Nationalsozialisten an, die Olga ablehnt. Das kostet sie schließlich ihr Lehramt.

Zweiter Teil

Auf der Flucht vor den Russen verliert Olga ihr Gehör und verdingt sich ihr Leben als Näherin bei einer Familie, in der sie eine liebevolle und langjährige Beziehung mit dem jüngsten Sohn der Familie, Ferdinand, aufbaut. Ferdinand liebt Olga und ihre Geschichten und macht sich nach Olgas Tod und seiner Pensionierung daran, die Beziehung von Herbert und Olga genauer zu erkunden.

Dritter Teil

Er gelangt an Briefe, die Olga an Herbert nach Norwegen an eine Poststation geschickt hatte, die Herbert aber nie erreicht haben und die überraschende Offenbarungen bereithalten:

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Schlinks Motiv des Vorlesers „ältere Frau nimmt sich jungem Mann an“ wiederholt sich in diesem Roman. Zunächst ist es Eik, den sie an den Nationalsozialismus verliert, dann ist es Ferdinand, der ihr Andenken bewahrt. Die erotische Komponente des Vorlesers fehlt vollkommen, ist aber alles andere als ein Mangel.

Fazit: Ich habe dieses Buch während meines Weihnachtstripps zu meiner Schwiegermutter gelesen und es hat mir sowohl die Autofahrt, als auch meine Ausflüge auf den Stepper im Keller versüßt. Die Geschichte ist spannend, einfühlsam erzählt und in ihren drei Teilen perfekt aufgeteilt. Nach jedem Teil dachte ich

Jetzt müsste das Buch ja eigentlich aufhören

Aber der jeweils nächste Teil war wieder so interessant, dass sich dieser Gedanke schnell verflüchtigte.

Ein kurzweiliges Leseerlebnis, dass ich uneingeschränkt empfehle.

 

 

5 replies on “Der Vorleser schlägt wieder zu

      1. Dann magst Du das auch! Habe über Weihnachten auch noch Anne Tyler „Launen der Zeit“ gelesen…demnächst in diesem Kino 😉 War auch super! Liebe Grüße, Nicole

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