Samstag, 7 Uhr Morgens und ich kann nicht mehr schlafen. Dann eben aufstehen, die schwül-warme Sommerluft reinlassen und wenn schon, denn schon, auch gleich noch die Waschmaschine anwerfen. Geplant ist geplant. Ein kurzer Blick nach draußen. Perfekt.

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Ich gehe mit dem Duft von frisch gebrühtem Kaffee, vorbei an frisch gewaschener Wäsche auf die Terrasse, wo es schon jetzt nach dem nahenden frischen Regen riecht. Aber noch ist es einfach nur warm. Die Gerüche vereinen sich zu wohligem Dasein. Endlich Sommer. Ich weiß, alle meckern und stöhnen, aber ich liebe diesen Morgen und diesen Moment und selbst mein aktuelles Buch kann mir diesen perfekten Morgen nicht verderben. Denn, eine sehr treffende Amazon Rezension bringt es auf den Punkt:

…ich brauchte viel Disziplin, um es zu Ende zu lesen…

Und ich habe es nur wegen meines Respekts für den Autor ausgelesen. Und weil ich dann doch wissen wollte, ob hinten raus noch etwas geniales kommt, was ich verpassen könnte. Als wäre ich wieder 17 Jahre alt, wo ich mich auf jede Party gequält habe, denn man weiß ja nie, ob etwas super wichtiges passiert…

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Die Story von„Maschinen wie ich“ hatte mich angesprochen und der Autor ist mir sehr gut bekannt, aber ich bin mir ebenfalls vollkommen einig mit den Rezensenten der Perlentaucher, denen ich zweifellos mehr vertraue, als den vielen ausgezeichneten Bewertungen bei Amazon (nur mal so als Tipp).

Inhalt: Charlie ist ein sympathischer Lebenskünstler, Miranda eine clevere Studentin. Sie verlieben sich, gerade als Charlie seinen ›Adam‹ geliefert bekommt, einen der ersten lebensechten Androiden. In ihrer Liebesgeschichte gibt es also von Anfang an einen Dritten: Adam. Kann eine Maschine denken, leiden, lieben? Adams Gefühle und seine moralischen Prinzipien bringen Charlie und Miranda in ungeahnte – und verhängnisvolle – Situationen.

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Nachdem ich mich diszipliniert bis fast zum Ende durchgekämpft habe, kommt immerhin eine wunderbare Homage an das menschliche Gehirn, denn klar stellt sich heraus, dass die Maschine dem Menschen unterlegen ist. Zumindest interessant, dass Ian McEwan die Roboter Selbstmord begehen lässt. Warum? Egal. Lest lieber die anderen Bücher von ihm, die ich uneingeschränkt empfehlen kann.

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Allen voran übrigens selbstverständlich „Abbitte“, dass ich leider nur als Taschenbuch hatte und demzufolge nicht das neue Regal durfte. Nicht umsonst ist der Stoff verfilmt worden und nicht umsonst bin ich ein großer McEwan Fan…eigentlich…

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Aber…

Ich würde keine abschließend negative Kritik als Beitrag stehen lassen und ihn auch noch „Der perfekte Tag“ nennen, wenn ich nicht auch einen Mega-Tipp hätte. Nach meinem langweiligen SciFi Ausflug hatte ich die Qual der Wahl.

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Und einen absoluten Treffer mit dem Erstling von Ilona Jergerausgewählt. Eine humor- und liebevoll geschilderte fiktive Begegnung von Karl Marx und Charles Darwin, die über ihren gemeinsamen Hausarzt zusammenkommen.

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Beide haben sich mit dem jeweiligen Werk des anderen beschäftigt, wobei Darwin kein Wort des Kapital verstanden hat und nach den ersten vier Seiten aufgibt, Marx aber minutiös die „Artenvielfalt“ studiert, denn der revolutionäre Beweis der Evolution bedingt die revolutionären Thesen Marx‘, denn das Paradies erreichen die Menschen diesseits, nicht im Jenseits.

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Charles Darwins Frau ist da allerdings ganz anderer Ansicht und versucht ihren Mann wieder in die Kirche, zum Glauben zu bewegen. Die Erkenntnisse über die Regenwürmer sind ja gut und schön, aber nur mit dem Glauben an Gott sehen sie sich nach dem Tod im christlichen Paradies wieder…ein Dilemma…

Wunderbar humorig, intelligent, kurzweilig und die beste Ablenkung für’s nicht in Urlaub fahren.

Warum nicht mal Klassiker?

Apropos:  Wir sind wieder bei täglichen Corona Infektionen – ja CORONA….da war doch was – von 800 und mehr. Ich fahre jedenfalls nicht weg und so richtig kann ich es auch nicht verstehen, warum man nicht ein Jahr lang seinen Hintern in Deutschland lassen kann.

Für diejenigen jedenfalls, die auf Balkonien bleiben habe ich hier ein paar meiner ultimativen Lieblings-Klassiker. Nachdem ich mittlerweile selbst ein Klassiker werde ***kicher*** lade ich Euch ein, mich in die Vergangenheit zu begleiten.

Zum Beispiel zu einer der legendären Soireen der schillernden Clarissa Dalloway im vornehmen Teil Londons. Hier in der wunderschönen FolioBookSociety-Ausgabe:

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Vermutlich kennt jeder „Mrs Dalloway“ von Virginia Woolf.Ist ja schließlich auch verfilmt worden. Aber wer hat es gelesen? Einer der Klassiker, den ich auf Deutsch und auf Englisch genossen habe, in der vagen Hoffnung noch näher an die Feinheit der exquisiten Sprache heranzukommen und unbestritten eines meiner Lieblingsbücher.

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Ein weiterer Klassiker, Das Herz ist ein einsamer Jäger, führt uns ans andere Ende der Welt. Die heißen 30er Jahre in einem verschlafenen, deprimierenden Südstaatenkaff. Hier leben und leiden die Einsamen. Sie scharren sich um den Taubstummen, der sich geduldig ihre Klagen anhört und zum Mittelpunkt der heißen, eintönigen Tage wird, ohne, dass jemand seine Geschichte ahnt. Ich liebe dieses Buch, weil es einfach, einfühlsam und gänzlich lakonisch Menschen beobachtet, sein lässt und sich nicht erhebt, sondern nur beschreibt.

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Exkurs: Und genau diese stümperhafte Beschreibung eines so großartigen Buches ist der Grund, warum ich niemals Schriftsteller sein werde und warum ich gute Schriftsteller so sehr bewundere. Zum einen fasziniert mich bei vielen Autoren wir Irving, oder dem total verrückten Pablo Tusset die Fantasie, der Einfallsreichtum, die Stringenz mit dem eine Idee zu einer Geschichte verwebt und aufgezeichnet wird. Zum anderen bewundere ich die geschriebene Sprache an sich. Wie Autoren Bilder mit ihren Worten zum Leben erwecken, wie sie Duft beschreiben, so dass er einem in die Nase steigt, wie sie tiefe Gefühle so schildern, dass man nicht anders, als berührt sein kann.

So. Da bin ich wieder und ich schließe heute mit einem (leider) sehr kurzen, dafür aber umso charmanteren Buch, denn immerhin das kann ich gut: LESEN 😉

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Nicht, dass mich die Queen besonders interessieren würde, aber dieser kleine, viel zu kurze Roman von Alan Bennet ist eine Homage an Leseleidenschaft. Denn: es erwischt auch die Queen.

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Einmal den Bücherbus vor Buckingham Palace betreten, kommt die Queen nicht mehr von Büchern los. Sie liest auch heimlich bei Banketten, in der Oper und versucht einfach jeden vom Lesen zu überzeugen. Ob Staatschefs, oder Chauffeure, da macht die angefixte Queen keinen Unterschied.

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Höchst vergnüglich und very british.

So. Jetzt setze ich mich wieder auf den Balkon, lese und bereite mich auf die Olivenernte vor.

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Eine schönen Sonntag und schönen Urlaub! Bleibt gesund.

 

 

 

19 replies on “Ein perfekt heißer Tag

  1. Deine Terrasse ist ein Traum!! Ich finde den Teppich echt cool. Der hintere Teil auf dem ersten Foto gehört auch dazu?
    Bei Dir dürfen Taschenbücher nicht ins Buchregal? Warum? Ich kaufe fast nur Taschenbücher, weil da bekomme ich 3 für ein Hardcover. Ich habe treuffillionen Bücher, davon allerdings 80% Taschenbücher. Aber letztendlich ist egal, Hauptsache lesen. Schönen Sonntag für Dich/Euch!

    1. Hallöchen. Danke. Liebe den Teppich auch. Westwing…und ja: die Terrasse ist echt groß…
      Ich hatte auch treuffill-, wenn nicht gar treuzillionen Bücher. Aber dann musste ich zum ersten Mal umziehen und konnte nicht mehr mein ganzes Regalsystem aufstellen…und letztes Jahr dann ein weiteres Mal. Und die hiesige Wohnung ist zwar teurer, aber auch kleiner…
      Deswegen habe ich mich von treuffillionen Büchern (allen Taschenbüchern plus allen Hardcovers, die ich nicht 8000% liebte) getrennt. Trennen müssen…
      Im ersten Moment schwer, aber im Zweiten easy, weil ich Bücher im Grunde genommen nie zweimal lese. Jetzt kaufe ich Gebunden fast nur aus der Büchergilde und/oder, wenn ich keinesfalls warten kann bis zum Taschenbuch (gerade eine Bestellung aufgegeben….). Die gelesenen Taschenbücher verschenke ich.
      So. Das Wort zum Montag….

      1. Ja, das kann ich verstehen. Mir graut es auch davor, mal umziehen und Bücher wegtun zu müssen. Aber die nächsten Jahre nicht und somit muss ich nicht darüber nachdenken. Gute Woche!

  2. Hallo Nicole,
    für mich ist es gut nachzuvollziehen, dass Du den frühen stillen Morgen liebst. Obwohl ich eigentlich gerne länger schlafe, genieße ich es auch, mal früher wach zu sein.
    Danke für die Büchertipps, von denen einige schon in meinem Regal stehen. Auch ich bin ein Fan von Ian McEwan und das genannte Buch steht auf meiner Liste. Werde es nun allerdings streichen.
    Einen wunderschönen Sonntagnachmittag und liebe Grüße
    Erika

  3. Liebe Nicole, da gibt es ja jetzt eine mega Bücherauswahl für die nächste Zeit. Die souveräne Leserin und das Buch von Ilona Jerger stehen jetzt auf meiner Liste. Maschinen wie ich fand ich gar nicht so schlecht, kein Hammerbuch, aber durchbeißen muss ich mich woanders. Aber die schöne neue Technikwelt ist sowieso nicht so mein Ding, obwohl ich das Buch „Qualityland“ von Marc-Uwe Kling liebe und jederzeit weiterempfehlen kann, sofern man mehr in diesem Genre lesen möchte.
    Ja und mit Urlaub auf Balkonien oder nicht ist das echt so eine Sache. Es wird einem ja eher der Urlaub im eigenen Land empfohlen. Und da steige ich mittlerweile aus. Die Strände sind überfüllt, Seen werden geschlossen, Plätze gesperrt, wo sollen die ganzen Menschen hin, die zum Urlaub in Deutschland ausschwärmen? Ich frage mich, ob es nicht sicherer ist, in ein Flugzeug zu steigen, z.B. den griechischen Tourismus zu unterstützen und irgendwo einsam am Strand zu liegen, weil alle anderen in Deutschland Urlaub machen?
    Schöne Woche wünsche ich Dir
    Sigrid

    1. Hi Sigrid, kannst ja nach Düsseldorf zum Urlaub kommen. Am Rhein ist noch bisschen Platz und ich würde mich sehr freuen, Dich kennzulernen…
      Spaß beiseite…Ich weiß nicht, ob es immer Wasser, Strand usw. sein muss. Was ist z.B. mit den Bergen, oder einfach der eigenen Stadt mit Umgebung. Wie oft höre ich: ach … da war ich ja noch nie, obwohl ich schon 30 Jahre in Düsseldorf lebe….
      Wir reden ja nicht von „für immer“, sondern von „für einen Sommer“.
      Ich genieße Deine Reiseberichte sehr und kann mir vorstellen, dass es für jemanden, der das offensichtlich so sehr liebt, wie Du/Ihr schwerer ist, als für mich Couch-Potatoe, aber dennoch: es geht um 6 Monate (seit Beginn, bis vermeintlich ein Impfstoff gefunden ist). Mir erscheint dieses „Opfer“ klein…
      LG und eine schöne Woche (und viel Spaß in Stuttgart), Nicole

  4. Liebe Nicole, besser kann ein perfekter Tag für mich nicht sein – gib mir Sommer, gib mir Sonne, ein spannendes Buch und ein lauschiges Eckchen oder so eine genial blühende und kuschelige Terrasse wie bei dir und alles ist perfekt. Ok – vielleicht noch ein Schokokuchen ;-). Toll finde ich besonders auch den Blick auf dein Bücherregal und deine Lektüre – da ich bereits festgestellt habe, dass ich bei dir mir bisher unbekannte Autoren oder Bücher entdecke, hole ich mir da gerne mal Ideen für neuen Lesestoff. „Die souveräne Leserin“ spricht gleich mal total an und landet gleich mal auf meiner Leseliste.
    Hab einen wunderbaren Start in die Woche und alles Liebe

    1. Hi Gesa, Mensch, da hab ich den Schokokuchen vergessen….wie konnte das geschehen 😉
      Lieben Dank für das Kompliment. Ich versuche durchaus ein bisschen am Mainstream vorbei zu lesen und freue mich sehr, wenn meine Tipps auf Begeisterung stoßen. Also für die Souveräne Leserin lege ich meine Hand ins Feuer. Hab mir gerade noch eines aus dieser Reihe bestellt. Werde berichten…
      LG und schöne Woche, Nicole

  5. Hallöchen,
    ich finde dein Start in den Tag war super und ich starte mit Sonne und Wärme auch am liebsten in den Tag. Grundsätzlich mache ich auch direkt immer etwas im Haushalt, sodass ich das schon mal abhaken kann. Im Moment lese ich parallel zu einem anderen Buch auch ein Klassiker und zwar „Anna Karenina“ von Tolstoi 🙂

    Wünsche dir einen tollen Tag!

    Liebst Linni
    http://www.linnisleben.de

  6. Die Geschichte mit Marx und Darwin, kann ich mir schon als lustig vorstellen. Stellt dir mal vor, die beiden hätten sich echt getroffen 😅 Hab eine schöne Woche und… übrigens, ich liebe auch diese frühen Sommerstunden! Liebe Grüße!

    1. Hi Mira, ja. Extreme Denker….hätte echt so harrsch werden können, wie im Buch beschrieben…
      Die Dame hat allerdings auch sehr gut recherciert. Die Herrn haben tatsächlich unweit von einander entfernt gewohnt und sie haben nachweislich das Werk des anderen gelesen….
      LG und schönen Wochenteiler, Nicole

  7. Liebe Nicole,
    ich habe mir auf den Rat meiner Lieblingsbuchhandlung angewöhnt, nach Seite 98 nicht nicht mehr weiterzulesen, wenn es mich bis dahin nicht gepackt hat. Deine Terrasse ist toll, Hauptsache, dur wirst nicht noch zum Olivenbauern ;). ich finde solche Tage auch total perfekt und was gibt es Schöneres, als sich zuhause zuhause zu fühlen?.
    Danke für deine tollen Tipps,
    liebe Grüße
    Nicole

    1. Ich gebe Dir und Deiner Buchhandlung vollkommen recht! Normalerweise ist nach spätestens 100 langweiligen Seiten Schluss!
      Gestern habe ich eines angefangen, dass ich später vorstelle. Die erste Seite ist schon perfekt appetitlich 😉
      Bis bald! Nicole

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