Ich melde mich aus gefühlt zwei Monaten Home Office mit keinen echten Neuigkeiten.

Es ist, abgesehen von Arbeit, nix passiert. Muss nicht immer schlecht sein, ist aber auch kein Grund zum wilden Fabulieren.

Neu ist höchstens, dass ich mir die Rückmeldungen zum Flodderlook – übrigens freue ich mich immer wie Bolle über Eure Kommentare – zu Herzen genommen habe. Ein bisschen. Konkret habe ich mich von der lieben Sigrid von MyLovelyCosmos beeindrucken lassen, die grundsätzlich von zu Hause aus arbeitet und sich täglich ankleidet.

Genau das habe ich mir für diese Woche auch vorgenommen, um es diesmal ganz anders als im Frühjahr zu machen. Am Montag also direkt umgesetzt. Geduscht und Basic Look mit Jeans, Shirt und Jackett gewählt, wie ich ihn im Büro gerne tragen würde.

Ok, jetzt kein außergewöhnlicher Look, die Klamotten haben (abgesehen von der Jeans) auch schon einige Jahre auf dem Buckel, aber immerhin…immerhin habe ich sie bis mittags nach dem Einkaufen getragen.

Aber ganz ehrlich. Kaum zurück habe ich mich wieder in die Jogginghose geschmissen und auf meinen Lesesessel. Und das ist der Status Quo, bei dem es geblieben ist. Anziehen wird überschätzt.

Am Wochenende hatte ich – welche Überraschung – Zeit. Zum Lesen zum Beispiel. Wer hätte das gedacht.

Auf Empfehlung (Notiz an mich selbst: nicht mehr drauf hören) habe ich eine neue Autorin ins Repertoire aufgenommen. Frau Iris Wolff hat einen Roman mit einem ultrahübschen Cover und einem wunderbaren Titel geschrieben.

Vermutlich spürt man schon, wie ich dazu stehe, wenn ich zunächst die Äußerlichkeiten lobe. Das ist ungefähr so, als würde ich auf Nachfrage über einen neuen Kollegen sagen, dass sein Büro schön aufgeräumt ist.

Aufgeräumt ist das Buch tatsächlich. In vier Erzählungen, die unabhängig voneinander mehrere Generationen einer Familie umfassen:

Der Erste Weltkrieg bringt einen österreichischen Soldaten in ein Karpatendorf. Eine junge Frau besucht nachts die „Geheime Gesellschaft der Schlaflosen“. Ein Motorradfahrer ist überzeugt, dass er sterben und die Mondlandung der Amerikaner versäumen wird. Eine Frau beobachtet die Ausfahrt eines Fischerbootes, das nie mehr zurückkehren wird. – Über vier Generationen des 20. Jahrhunderts und vier Ländergrenzen hinweg erzählt Iris Wolff davon, wie historische Ereignisse die Lebenswege von Einzelnen prägen. Zwischen Freiheit und Anpassung, Zufall und freiem Willen erfahren ihre Protagonisten: Es gibt Dinge, die zu uns gehören, ohne dass wir wüssten, woher sie kommen. Und es gibt Entscheidungen, die etwas bedeuten, Wege, die unumkehrbar sind, auch wenn wir nie wissen werden, was von einem Leben und den Generationen vor ihm bleiben wird.

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Diese Zusammenfassung hat mich sehr angezogen und Frau Wolff schreibt sprachlich stilsicher auf hohem Niveau.

Aber. Jetzt kommt’s. Aber ich bin wieder daran erinnert worden, warum ich keine Erzählungen mag und warum ich kein Freund von Pseudointellektuellem bin.

Erzählungen mag ich nicht, weil ich nicht dazu verpflichtet werden möchte zu interpretieren. Ungern erinnere ich mich in diesem Zusammenhang an meine Schul- und Studienzeit, wo ich nicht auf die Idee gekommen wäre privat zu lesen. Nicht nur, dass ich das von zu Hause aus nicht gewohnt war, sondern ich fühlte mich in der Schule immer dazu gedrängt auf eine bestimmte, gegebene Interpretation zu kommen, die für mich alles andere als offensichtlich war. Zum Ende hin konnte man sich ja zum Glück sparen, die Bücher ganz zu lesen und hat sich mit der fertigen Interpretation per Reklamheft begnügt. Mit anderen Worten: die Deutschstunde konnte man sich schenken, denn es war vorherbestimmt, was wir zu denken hatten.

Gerne wiederum erinnere ich mich daran, dass ich mit großem Genuss „Die Deutschstunde“ in der alten DTV Ausgabe inklusive meiner handschriftlichen Notizen (zur vorgegebenen Interpretation) verschlungen habe, nachdem ich nie wieder eine Deutschstunde besuchen musste und über Lenz‘ Roman denke durfte was ich wollte. Und ich dachte „großartig“. Ich mochte die (düstere) Stimmung, ich mochte die (schonungslose) Sprache, ich mochte die Psychogramme, den roten Faden, den Spannungsbogen usw. Ich mochte einfach den Roman auch, oder trotzdem er eine Lehrstunde über den Nationalsozialismus ist. Das Warum ist aber eigentlich auch egal.

Frau Wolffs Roman mochte ich nicht. Weil ich ihn ihr nicht abgenommen habe. Den ‚poetischen Charme‘ habe ich nicht gelesen, sondern mich darüber geärgert, dass Frau Wolff mir pseudointelligent und einfach arrogant vorkam. Ich mag mich irren, aber es kann mir auch niemand was anderes erzählen, denn wie bei der Kunst liegt das Gelingen im Auge des Betrachters, oder des Lesers., egal wie viele Preise das Werk eingeheimst hat. Hurz.

Kennt Ihr nicht????

Hape Kerkeling liebe ich dagegen sehr. Sein „Ich bin dann mal weg“ habe ich verschlungen und habe mich von ihm zum Backpacken inspirieren lassen. Ein einfach smarter Typ, den ich in der Fernsehlandschaft vermisse.

Ich bin abgeschweift. Ich schweife gerne. Kann gar nicht weit und lang genug sein.

Jedenfalls mochte ich ihn nicht wirklich, diesen Roman, obwohl die Geschichten eigentlich gut sind. Aber sie hat nicht meinen Ton getroffen. Es wirkt auf mich, als habe sie große Distanz zu ihren Figuren. Sie sind nicht liebevoll beschrieben. Sie gehen nicht an mich. Sie bringen mich nicht zum Träumen, nicht zum Weinen und zum Lachen schon dreimal nicht. Kurz: sie berühren mich nicht.

Im übrigen musste ich am Wochenende gar nicht so tun, als ob es regnet. Hat es nämlich.

Sitze jetzt wieder im Jogger am Esstisch und bemerke, dass die Zeit im Moment rast. Schöne Wochenmitte!

29 replies on “So tun, als ob es regnet

  1. Hallo, Nicole, also ich ziehe mich im Homeoffice auch jeden Tag an. Auch nix besonderes und eher bequem, aber keine Sofakleidung! Das habe ich mir schon angewöhnt, als die Große auf die Welt kam und ich überall gelesen und gehört habe, dass man nicht mal mehr zum Anziehen kommt. Da habe ich mir geschworen, dass mir das nicht passiert! Ich wünsche dir eine schöne restliche Woche und LG Nicole

    1. Hmpf…..Ihr macht mich fertig. Offenbar sind alle außer mir schick im Home Office. Ich fühle mich schlecht. Aber vielleicht nicht mehr lang, denn ich habe mir eine straßentaugliche Jogginghose gekauft. Muss nur noch kommen…
      Werde berichten…
      Danke fürs reinschauen Nicole! Hab ne schöne Restwoche.

      1. Hallo Nicole, also straßentaugliche Joggers ziehe ich schon auch an, aber ich mag die lieber im Sommer mit Flip Flops und der ist ja leider, leider schon vorbei. Die Jogpants von Vintagefashiondesign kann ich dir da empfehlen, die sind einfach super, ich habe sie in vielen Farben. LG

  2. Bei Autoren, die ich nicht kenne, bin ich auch immer vorsichtig, dafür bin ich dann doch schon zu oft gelangweilt worden. Aber manchmal mache ich dann auch echte Glückstreffer (Flohmarkt, ein Buch 50 Cent, das Risiko gehe ich ein und Diogenes Verlag verspricht ja auch Qualität.) Mittlerweile habe ich alle Bücher dieses Autors nicht nur im Regal stehen, sondern auch gelesen.
    Ich wünsche Dir noch eine schöne Restwoche.

    Viele liebe Grüße
    Wolfgang

  3. Liebe Nicole,
    ich freue mich, deine Meinung zu pseudointellektuell zu lesen. Das geht mir nämlich genauso: Irgendwie kann ich nicht drauf, ich könnte es mit noch schlimmeren Worten ausdrücken. Gut.
    Dein Look ist sehr schön, aber ich verstehe auch die Gemütlichkeitskomponente. Wobei ich mich auch immer anziehe, also ich meine so richtig, du verstehst?
    Wie immer schön von dir zu hören ähm lesen.
    Und der Zwit scheint egal, welche Zeit es ist. Sie rast einfach mal.
    Eine gemütliche Wochenmitte und liebe Grüße
    Nicole

    1. Wie schön, dass wir auf einer Wellenlänge liegen, Nicole!
      Jetzt deprimiert Ihr mich dann aber langsam. Habe gerade den neuen Post von Sigrid gelesen und fühle mich flodderiger als je zuvor…Vielleicht versuche ich es nochmal. Nächste Woche 🙂
      Hab ne schöne Restwoche!

      1. Ich finde dich null flodderig. Und ganz vielleicht habe ich ja auch noch nicht das richtige Homeoutfit gefunden. Aber ich habe das schon immer gemacht. Und deshalb: Bitte nicht deprimiert sein 😂. Weitermachen.
        Liebe Grüße

  4. Ach, Klamotten im Homeoffice sind ja ok. Aber ich musste letztens ins Büro und musste Schuhe anziehen. Echt mal, den ganzen Tag Schuhe – das war sowas von anstrengend (schlimmer als Maske).
    Beim Lesen fremdel ich gerade, sobald es mich nicht total anspricht, flippern meine Gedanken umher.

    1. Schuhe?! Echt??? Was man uns heutzutage so zumutet ist schon übel 😉

      Wenn ein Buch nicht mich wirklich anspricht, geht es mir wie Dir. Ich lese, lese und lese und stelle nach mehrmaligem Umblättern fest, dass ich keine Ahnung habe, worum es geht.
      Das kann u.U. an der Stimmung liegen, oder aber das Buch und ich wir gehören einfach nicht zusammen…

      Danke für’s reinlesen 🙂

  5. Liebe Nicole, schön, dass Du es zumindest mal ausprobiert hast, mit dem ordentlich anziehen für’s Home Office und gaaaaaaanz lieben Dank für’s Verlinken. Jeder muss da seinen Weg und seinen Style finden. Unsere Töchter kommen in puncto Home Office auch nicht nach mir, nach meinem Mann aber auch nicht, der sitzt noch nicht mal abends auf dem Sofa ohne Straßenschuhe…
    Hm und zu dem Buch habe ich keine Meinung, aber ich hab ja sowieso noch so viele auf der Liste.
    Gute Nacht und viele Grüße
    Sigi

    1. hihi….danke Sigi. Du wirst es nicht glauben, aber isch schwör, heute habe ich es wieder geschafft Jeans und Bluse anzuziehen. Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen…
      Beim Buch wie gesagt, kein Verlust….
      LG und schönen Abend,
      Nicole

  6. Liebe Nicole, angeblich ist unsere Leistung gemindert, wenn wir in der Feierabend-Kleidung arbeiten, weil unser Hirn sich im Entspannungsmodus befindet. Das könnte auch bedeuten, dass wenn Du im Kostüm in Golzheim vor dem PC sitzt, während die Konkurrenz ihren Pyjama’Day hat, ist eine große Karriere vorprogrammiert??? Man muss sich wohl fühlen. Stell Dir vor, der Lebenspartner (im Schweizer Internat erzogen) trägt zu Hause stets seine gestärkten und perfekt gebügelten Hemden mit Manschettenknöpfen und die rahmengenähten Schuhe, schon zum Frühstück und nach Büroschluss. Ich dachte immer, er muss gleich weg 🙉. Ganz weg, meine ich. Corona macht schon was mit uns. Als mein Mann gestern Abend vorgefahren ist, lief im Autoradio „One night in Bangkok“, in voller Lautstärke. Wir haben spontan ein Discodance vor der Tür hingelegt (beide ü 60). Die Nachbarn haben gewunken und mitgewippt 🤣, hat Riesenspaß gemacht und das ist die Tatsache. Eine schöne Restwoche für Dich! Maria

    1. Ach wie süß!!! Da wär ich gern dabei gewesen. Ich bin zu Hause auch total entspannt. Es ist wieder einen Gang ruhiger. Das Essen ist besser, ich mache mehr Sport und lese deutlich mehr.
      Ich habe kein Problem mit Lockdown, außer, dass ich Büro auch gerne mag, weil ich mich einfach auch gerne austausche und den einen oder anderen in live vermisse.
      Wie auch immer: Weitertanzen!!!!

  7. Liebe Nicole, deinen Home-Office-Look mit dem Pepita-Blazer würde ich genauso übernehmen – für mich einfach ein perfektes Outfit und fast für alle Gelegenheiten passend. Aber ich gestehe dir gleich mal was – ich arbeite ohnehin die meiste Zeit in einer Mischung aus Büro und Home-Office und bin bei diesem Lock-Down jetzt wirklich nur zu Hause. Doch ich habe mich dabei bisher noch nie wirklich office-tauglich gekleidet – es wird zwar immer verkündigt, dass dies wichtig für die Normalität und dergleichen ist. Doch ich liebe es in einem bequemen Look am Heimarbeitsplatz zu sitzen und mich dann damit auch gleich mal auf die Couch zu flätzen. Also, ich laufe jetzt nicht den ganzen Tag im Pyjama rum, sondern kleide mich schon an – aber eben in entspannten Kuschelsachen und das funktioniert für mich eigentlich gut. Bücher sind für mich immer eine sehr subjektive Angelegenheit und ich frage mich oft, wie manche Bücher, mit denen ich so gar nichts anfangen kann, zu einer so guten Bewertung gekommen sind. Mittlerweile gelingt es mir aber jetzt doch hin und wieder, so ein Buch dann doch einfach wegzulegen, während ich mich früher wirklich immer bis zu Ende durchgequält habe.
    Hab einen wunderbaren Tag und alles Liebe Gesa

    1. Endlich eine Gleichgesinnte, Gesa! Ich fühle mich schon quasi schmuddelig und unnormal. Tatsächlich lebe ich es so wie Du. Im Grunde ziehe ich mir nur gelegentlich an, um für einen Artikel zu fotografieren, hihi…
      Im Normalfall quäle ich mich überhaupt nicht durch Bücher. Quälen ist hier aber auch das falsche Wort. Ich fand es nicht genial, aber es war auch nicht Nicolas Sparks schlecht. Abgesehen davon war es echt kurz.
      Liebe Grüße von Couch zu Couch!

  8. Liebe Nicole,

    also ich finde, man darf sich im Homeoffice lässig und gemütlich anziehen! Und ich kann mir nicht vorstellen, dass Du in Jogginghose und Hoodie sooo gammelig ausschaust 😉

    Deinen Unmut über ein Buch, zu dem Du nicht wirklich einen Zugang findest, kann ich gut nachvollziehen. Und bei der Erwähnung der Interpretation in den Deutschstunden musste ich herzlich lachen. Denn das ging mir damals ähnlich: Nie konnte ich soviel finden, was andere hineininterpretierten!

    Mache es Dir schön und gemütlich in Deinem Homeoffice!

    Liebe Grüße
    Erika

  9. Also… ich muss mich Job-Technisch ordentlich anziehen, auch im Büro von meinem Mann kleide ich mich gut (man weiß nicht wer da kommt und ich sitze „auf der Schusslinie“), aber wenn ich von zu Hause arbeite, bevorzuge ich bequeme Kleidung. Ich bin dann froh, kein Make up und keine geglätteten Haare zu haben und die Paketlieferanten und Postboten kennen mich schon sogar mit Lockenwicklern, also egal 🤣 Und deine Deutschstunde… bei Erzählungen, ich habe auch irgendwie alles anders verstanden als man sollte. Liebe Grüße!

  10. Hi Nicole.
    ich bin noch nicht komplett im Home Office, sondern im Wechsel. Ich ziehe mich zwar wirklich jeden Morgen im Home Office an und mache auch sonst alles wie sonst, aber eben nur Jogginghose und bequemes T-Shirt. Da aktuell meine Laptopkamera defekt ist, muss ich auch bei Videokonferenzen nichts befürchten 😀 Ich finde es aber auch legitim, sich einfach in bequemere Sachen zu werfen, wenn man zu Hause ist – solange man nicht komplett verwahrlost und aufhört, sich die Haare zu kämmen oder drei Tage im gleichen Shirt rumrennt, ist doch alles gut 😀
    Liebe Grüße!
    Vanessa
    https://www.kulturblazer.de

    1. Das richte ich dann gleich mal meinem Mann aus, hihi…
      Ich sage jetzt mal ganz unverblümt: da machst Du Deinem Bloggername aber nicht alle Ehre ***kicher***
      Aber was soll ich sagen. Du hast schon recht. Und zu mehr als Jeans mit Oberteil werde ich mich auch nicht überwinden. Regelmäßiges Duschen ist aber Pflicht….

  11. Hallöchen,
    ich war nur zu Beginn der Corona-Pandemie die Hälfte der Woche im Home Office und den Rest der Woche im Büro. In der Zeit habe ich mich im Home Office aber nicht gekleidet wie zur Arbeit 😀 Habe es eher genossen, dass ich es nicht musste.

    Wünsche dir einen tollen Tag!

    Liebst Linni
    http://www.linnisleben.de

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