Website-Icon Nikileaks

Ich will ja nicht jammern, aber …

… ich bin soooooooooooooooooooooooooooooooooooo krank! Es ist mir vollkommen unklar, wie soviel Rotz aus einem so kleinen Menschen kommen kann. Jibbet doch jar nich.

Jibbet leider doch. Aber da hilft zwischen fanfarenartigem Schneuzen auch kein Jammern, da muss ich einfach durch. Genügend Dope hab ich jedenfalls angehäuft, um jeder Bakterie und / oder jedem Virus den Garaus zu machen. Nachdem er sich in mir ausgetobt hat natürlich. JAMMEEEEEEER…

Und zum Glück habe ich auch genügend Bücher. Tatsächlich hatte ich mich gestern kurz aufgerafft und war in eine Buchhandlung um die Ecke gegangen. Ja. Buchhandlung. Also keine Kette, sondern ein kleiner Laden mit kleiner, aber feiner Auswahl, die samt und sonders vom Personal gelesen und bewertet war. Echt nett. Hier jedenfalls bin ich auf „Julius oder die Schönheit des Spiels“ gestoßen. Schon das Cover hat mich angesprochen und natürlich war ich in meiner nunmehr laaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaang zurückliegenden Jugend auch außerordentlich Tennisaffin.

Vitamine und ein gutes Buch…ganz wichtig bei Erkältung.

Um den Roman in einem Rutsch zu verschlingen, muss man aber kein ausgewiesener Tennisfan sein, obgleich mir das Buch durchaus Lust gemacht hat, wieder mal ganz in weiß (Ellesse oder Lacoste), auf rotem Sand, auf eine gelbe Filzkugel einzudreschen. Hach. Das waren noch Zeiten.

Anders als Julius, der dem Gentleman des Tennissports, Gottfried Cramm nachempfunden ist, habe ich bei Blau-Weiß (Wiesbaden), nicht bei Rot-Weiß (Berlin) gespielt, aber eine ganze Weile lang, war ich dem Spiel ebenso verfallen.

Der Roman atmet die glamourösen 30er Jahre. Man taucht ein in die feine Gesellschaft des swinging Berlin und folgt Julius durch die halbe Welt, auf seinen internationalen Titelkämpfen. Es geht um die Schönheit des Spiels, um Ehre, Zuhause, aber auch um sexuelle Identität und Nationalsozialismus.

Ein vielschichtiges, kurzweiliges und ganz wunderbares Buch für alle Tennis- oder Nichttennisfans. Der Autor, Tom Saller, war mir bislang nicht bekannt, aber er hat mit „Wenn Martha tanzt“ offenbar schon einen Bestseller in 2018 gehabt. Gleich mal bestellen.

Apropos Martha….Marta und Arthur hatte ich unter nasewundem Gepruste auch noch weggeschlabbert. Eine bösartige Beziehung findet durch den jähen Tod Arthurs ein Ende. Der liegt neben Marta und wartet nur darauf, dass sie allerhand Unsinn mit seinem Leichnam anstellt. Warum sie ihm scheinbar vollkommen verrückt den Pyjama vom kalten Körper schneidet und ihn mit den Accessoires des Aquariums belegt, erklärt sich in den Rückschauen auf die Beziehung.

Extrem kurzweilig, wenn auch auf grausige Art und Weise. Man, also ich zumindest, begreift nur schwer die fatale Abhängigkeit Martas vom Misanthrop Arthur. Und dabei geht es kein bisschen um sexuelle Abhängigkeit, also nix mit dem 51. Schatten vom Softporno, nein, es ist viel komplizierter. Arthur lernt schnell, dass die junge und hübsche Marta alles für ihn tun würde. Wie uninteressant. Im Grunde langweilt sie ihn von Begin an, allerdings legt Marta es drauf an und wird auch sehr bald schwanger. Ein Umstand, den Arthur gezwungen toleriert, der aber gleichzeitig das endgültige Ende der noch 40 Jahre währenden Beziehung bedeutet.

Soll das heißen, er übernimmt gezwungenermaßen Verantwortung? Nein, so kann man es nicht lesen, schließlich heiratet er sie nicht, kümmert sich mitnichten um den Sohn und lebt sein ganz eigenes Leben. Einzig wirft er sie nicht raus.

Und sie? Bekümmert es sie, dass alle Mühe ihn zufriedenzustellen keinerlei Wiederhall in ihm erzeugt? Das kann man so nicht sagen. Sie ist nicht unglücklich, sondern eher unbefriedigt. Nochmal: nicht sexuell, sondern … ja … was eigentlich?

Es handelt sich nicht um ein so einfaches Schema wie: Opfer und Täter. Marta ist aus meiner Sicht durchaus sehenden Auges in diesem extrem lieblosen Zustand. Sie scheint mir einen Plan zu haben, einen Plan, den sie einfach nicht zum Aufgehen bringt, egal was sie versucht. Und das ist weniger traurig, als unbefriedigend.

Bizarr. Ein Pageturner. Man weiß nicht so recht, was man davon halten soll, aber kann es keinesfalls weglegen. Richtig fies wird es lediglich, als der ungeliebte Sohn sich dem ignoranten Vater zuwendet und die beiden eine Front gegen Marta bilden. Da fällt man dann echt vom Glauben ab. Müsst Ihr Euch selbst überzeugen.

Keine sommerleichte Lektüre, aber eine düster herbstliche 🙂

Und weil nach dem Buch, vor dem nächsten Buch ist, werde ich mich gleich beim nächsten Tee dem ungelesenen Stapel widmen. Heute ist ein Bronsky Tag. Ich brauche heute Zynismus und Kurzweil.

Genesungswünsche jeglicher Art nehme ich jammerlappig seeeeeeehr gerneeeeeeeeeeeeee entgegen.

Habt einen schönen Sonntag und bleibt gesund!

Die mobile Version verlassen