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Jeder hat sein Reisekörbchen

Heute muss es mal wieder eine Buchempfehlung sein, Leute, denn es geht ja allenthalben in den Urlaub und wer da noch Unterhaltung braucht, weil stundenlang im Flieger mit Maske sitzen kommunikationstötend ist, dem sei „Mit Blick aufs Meer“ wärmstens empfohlen.

Wärmsten ist dabei allerdings das völlig falsche Wort und ich habe mich über die dahingeschluderte Kritik der FAZ „Warmherzig, anrührend, lebensklug.“ regelrecht geärgert, denn wenn Olive, die Hauptperson in diesem episodenartigen Roman eines nicht ist, dann warmherzig. Das ist ja das Problem. Zumindest das Ihres Mannes Henry, der sie aushält weil er sie trotzdem er komplett unterm Pantoffel der ehemaligen Mathelehrerin steht, liebt. Anders Ihr vergötterter Sohn, der sich ganz anders an seine Kindheit (als vergöttert) erinnert und so weit wegzieht, wie er nur eben kann.

Und was hat sie schon groß getan? Natürlich hat sie ein strenges Regiment im Klassenzimmer geführt. Aber dass sie gefürchtet war, kann sie gar nicht verstehen.

Aber nicht nur Olive’s Höhen und Tiefen, ihre Gedanken über das Älterwerden, Ihre Rückschau und die bange Frage „Was ist mein Leben wert?“ machen dieses Buch so wunderbar anrührend und ein bisschen schwermütig – auf die gute Art – nein, es sind auch die anderen zauberhaft schrulligen Charaktere, die man direkt ins Herz schließt. So auch die ehemalige Schulschwester Jane, die beim Menu Ihrer Ehe den Dessert-Gang genießt.

Aber Olive ist auf der Suche. Auf der Suche nach Schicksalen, im kleinen Örtchen Crosby an der Küste von Maine, die schlimmer sind als das ihre. Die ihr darüber hinweghelfen, dass ihr geliebter Ehemann, denn sie hat Henry geliebt, mit einem Hirnschlag lächelnd im Pflegeheim vegetiert, darüber, dass ihr Sohn eine rauchende, mehrfache Mutter geschwängert hat und sich Dank der gemeinsamen Therapie nun völlig von Mutter und Vater abwendet. Und bei näherem Hinsehen – das kann Elizabeth Strout perfekt – gibt es da so einige, die tiefe Täler durchschreiten.

Olive jedenfalls wird milde im Alter.

Diese wunderbaren Beobachtungen und Bilder, wie ‚Reisekörbchen einer Beziehung‘ sind es, die einem dieses Buch so ungeheuer unter die Haut gehen lassen. Zumindest mir. Ich musste ein bisschen weinen. Natürlich nur, als niemand geschaut hat … bin ja schließlich so wenig ein Weichei, wie die dicke Olive, die sich zu guter Letzt mit ihren 72 Jahren noch einmal in eine Liebesbeziehung stürzt.

Ein Buch, dessen Ende man hinausschieben möchte.

Eines, dem ich auch den Pulitzer gegeben hätte, würde ich entscheiden.

Auch sonst war die Woche sehr schön, auch wenn sie schon wieder derart schnell vorbei. Wo ist denn im Moment nur die Zeit? Kaum habe ich Montags den schönsten Heimarbeitsplatz der Welt betreten, ist schon wieder Samstag.

Ja gut. Dazwischen hat es nicht geregnet. Also nicht durchgängig zumindest.

Also ist man noch ein bisschen Essen gegangen. Fatal. In Düsseldorf gibt es einfach viel zu viel gute Gastronomie!

Ich bin immer noch auf dem Trip so viel wie möglich rauszugehen. Es fällt mir einigermaßen schwer, dem derzeitigen Frieden in Sachen Corona zu trauen. Je mehr ich rumlaufe, je gedrängter und „normaler“ sich die Menschen zusammenscharen, desto häufiger frage ich mich, wie lange das noch gut gehen kann. Unsere Nachbarn machen es unrühmlich vor und fahren nun wieder komplett zurück.

Keine Ahnung, was richtig ist, aber sich im Restaurant allenthalben weinselig in den Armen zu liegen, oder sich beim Fußball frenetisch aneinanderzukuscheln, scheint mir der falsche Ansatz. Ich bin ziemlich froh, dass ich hier in einem Viertel lebe, wo es deutlich gesitteter zugeht (als in der Altstadt oder auf der Kö) und halte mich vornehm, oder wegen mir auch feige, zurück.

Schließlich bin ich noch nicht durchgeimpft. Und wenn ich es bin, dann wird vermutlich empfohlen sich erneut impfen zu lassen, und dann nochmal und nochmal und am End nochmal. Bis man 55% Schutz hat. Bei 1,5 Metern Abstand mit Maske. Das geht dann wahrscheinlich bis zur Rente. Mit 89.

Ich hör jetzt besser auf. Ich glaub, ich krieg meine Tag. Vielleicht bin ich aber auch nur zynisch und alt. Möglicherweise hat mir Olive deshalb so gefallen. Hm …

Wird Zeit, dass ich in den Urlaub komme. Mit meinem Reisekörbchen.

Jedenfalls schau ich mir später den Ultra-Spreader-Event an.

Und Ihr so? Rast Eure Zeit auch?

Schönen Wochenstart Euch!

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