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Nix HURZ. Strawinsky!

Inspiriert davon, dass die Düsseldorfer Oper meine Reservierungen für „Die Zauberflöte“, verschiedene Ballette und die „Comedian Harmonists“ bestätigt hat, habe ich mich mal wieder auf OperaVision herumgetrieben und bin vollkommen fasziniert hängen geblieben.

Zunächst, ich gebe es zu, sah ich mir mit höchst gerunzelter Stirn und quasi aufgestellten Fußnägeln die ersten Minuten von „The Rite of Spring“ mit der Musik von Strawinsky an. Meine erste Begegnung mit ihm, die ich als absolut verstörend, um nicht zu sagen als Farce alá Hurz (Hape Kerkeling) empfand.

Die Musik klingt unharmonisch, radikal unmelodisch und ich habe mich echt schwer getan. So geht es mir auch regelmäßig mit Free Jazz. Aber anders als beim Jazz Gedudel, bin ich ein bisschen hängengeblieben an der langen Eröffnungs-Fagottmelodie, die fremdartig und verstörend klingt.

Und dann kommt der Tanz dazu. Der mindestens so fremdartig und verstörend wirkt. Ich zeige Euch mal eine Szene ohne Musik, damit ihr wisst, worauf Ihr Euch einlasst:

Offenbar geht es um heidnische Rituale aus der Folklore Haitis, die durch extrem ausdrucksstarke Tänzer des Phoenix Dance Theatre dargestellt werden. Anfangs fand ich die sehr athletische Anmutung der Tänzer nicht schön, da ich doch die Filigranität von Balletttänzern so verehre, aber spätestens, wenn die ‚bemalten‘ Händen ins Spiel kommen ist man gebannt. Und das, obwohl mir auch die Kostüme nicht gefallen haben. Seit wann kommen Tänzer denn mit Schlabberlook und wehenden Haaren daher? Aber es ist einfach nur – und es gibt kein besseres Wort – hypnotisch.

„Die Rhythmen vom Frühlingsopfer sind sehr elementar. Man muss einfach dazu tanzen – es ist fast hypnotisch.‟

Dirigent der Produktion, Garry Walker

Ich habe bei OperaVision nachgelesen, wie und wann das Stück entstanden ist. Offenbar war die Uraufführung bereits 1913 in Paris. Unfassbar, so unglaublich modern, wie es anmutet. Und es ist für mich ganz leicht nachvollziehbar, dass es einen riesen Skandal gegeben hat, wo schon nach den ersten Takten „höhnisches Gelächter‟ einsetzte und sich die Dinge schnell zu einem „furchtbaren Tumult‟ steigerten, wie sich Strawinsky 1936 in seiner Biografie erinnert.

In der hier verfügbaren Fassung, die ich ausdrücklich intensiv empfehle, hat der international gefeierte haitianische Choreograf, Jeanguy Saintus, die Inszenierung übernommen. Es ist großartig. Zumindest, wenn man die ersten 10 Minuten durchhält.

Immer wieder wird in den Orchestergraben geblendet, was wirklich auch ein Genuss ist, denn die Musiker müssen hier fast körperlich arbeiten, um diese Wucht zu intonieren.

Ein Augen und Ohrenschmaus.

Natürlich verstehe ich aber auch bestens, wenn man beim Hurz bleibt. Existentiell und experimentell gleichermaßen.

Uns sonst? Sonst habe ich heute – mal wieder – den vorerst letzten Sommertag genossen. Und weil der Sommer mich existentiell enttäuscht hat, hab ich mir im September eine Woche Sommer auf Korfu gekauft. Ich werde mich von vorne bis hinten verwöhnen lassen und mich Null-komma-nix darum scheren, was Corona für neue Blüten treibt. Mal ehrlich…für irgendwas muss die Impfung doch gut sein, richtig?

Habt noch ne entspannte Woche, Ihr Lieben!

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