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Zum Weinen schön

Eigentlich wollte ich den Beitrag „Blogger oder Flodder“ nennen, um mal wieder was zum Thema Fashion zu posten. Immerhin auch eine Leidenschaft von mir, die durch Corona arg gelitten hat und noch leidet. Gibt ja keine Gelegenheiten mehr, um sich aufzubrezeln. Derzeit einmal weniger, weil ich nicht einmal ins Büro muss. Nicht, dass es dort jemanden interessieren würde, wie ich rumlaufe. Aber mache ich ja nicht für andere, sondern weil ich es mag.

Aber mal ehrlich: zu Hause schick machen? Absurd. Also Flodder-Look. Wobei…wenn ich so zurückdenke, dann ist gibt es da doch starke Parallelen zum ehemaligen Blogger bzw. Athletics Trend, oder?

Hauptsache Mütze, wildes Tuch und auch ohne jegliches Licht: Sonnenbrille. Bei meinem sonntäglichen Spaziergang war die Verdunklung meiner Augen auch notwendig. Schließlich hatte ich voller Inbrunst, Begeisterung und tiefer Traurigkeit Rotz und Wasser geheult, bis meine Augen knallrot waren und mein Mann kurz in Sorge geriet. Kurz bevor er mich schließlich mächtig ausgelacht hat, weil mir ein Buch derart ans Herz gehen kann.

Hier in der wunderschönen Büchergilden-Ausgabe

Also jetzt nicht falsch verstehen. Ich habe 3/4 des Buches sehr gelacht, um das letzte Viertel durchzuweinen, weil es einem unter die Haut kriecht und unfassbar gut ist. Und das sage ich nicht leichtfertig. Matthias Brandt, den ich erstmal Googlen musste und der mich als Schauspieler nicht die Bohne berührt, hat mich mit seinem Black Bird einfach nur hingerissen. Er erzählt die Geschichte des 16-jährigen Motte und seines Kumpels Bogi.

Morten (warum auch immer die Mutter ihn so genannt hat), genannt Motte, macht im Moment einiges mit. Seine Eltern lassen sich scheiden und sein Vater zieht in irgendein Kaff am Arsch der Welt mit einem dünnen Marabu. Motte ist’s egal, vermeintlich, aber man macht sich halt so seine Gedanken.

Zugegeben, die Gedanken schweifen immer mal ab, denn sein bester Kumpel bekommt eine Nicht-Krankheit (Non-Hodgkin-Lymphom), womit er gar nicht umzugehen weiß. Schon gar nicht, wo er sich gleichzeitig unsterblich verknallt. Während er sich schwer tut mit seinem Freund zu reden, ringt er sich ein schriftliches Liebesbekenntnis, oder so was ähnliches, ab, ohne zu wissen, ob er sich nun völlig unnötig entblößt.

Leider geht nicht nur die Liebe super schief – für’s erste – sondern auch der Gesundheitszustand von Bogi macht Sorgen. Auch wenn die Sorgen nicht im mindestens ausdrückbar sind. Zumindest nicht in Worten und nicht als „Klappsmüller“ alias Motte. Also am besten gar nicht mehr sprechen, nachdem 2 Flaschen Amselfelder auf dem 10er im Freibad mit Elvis keine Erleichterung bringen.

Jungs sind einfach großartig. Sie ändern sich meines Erachtens nur in den seltensten Fällen im Alter. Sie versuchen immer cool zu sein, aber sie sind eigentlich weich und sensibel und das insbesondere, wenn es um Jungs- bzw. Männerfreundschaften geht.

Und ich muss es jetzt mal ganz deutlich sagen: Blackbird ist ein Buch, dass mich wirklich, wirklich ungeheuer berührt hat, mich gleichermaßen zum Lachen, wie zum Weinen gebracht hat. Ein Buch, dass einen beim Weinen glücklich macht. Ein Buch, von dem ich mir ernsthaft wünsche, dass jeder es liest.

Matthias Brandt hat mit „Blackbird“ einen zarten, brutal traurigen und immer wieder auch knallkomischen Roman über diese verfluchte Gleichzeitigkeit von Existentiellem und Nebensächlichen geschrieben, die das Grundmuster unseres Daseins ausmacht und dennoch kaum zu fassen ist.

www.deutschlandfunkkultur.de

So. Würde mich sehr freuen, wenn Ihr meiner Empfehlung folgt, oder mir Eure Meinung sagt, falls Ihr es schon gelesen habt.

Ich bin übrigens durch die Büchergilde drauf gekommen. Auch zu dieser Mitgliedschaft möchte ich ausdrücklich (und null kommerziell) raten. Die Herrschaften haben einfach ein tolles Händchen für gute Bücher, sie gestalten klasse und Menschen die Bücher lieben sind hier bestens aufgehoben. Einfach anmelden und einmal im Quartal, unabhängig vom Wert, einkaufen. Buchkultur mit hoher Qualität und viel Liebe.

So lange mach ich hier mal im bequemen Blogger/Flodder-HomeOffice-Outfit weiter und bin doch froh, dass es KEIN Geruchsinternet gibt…

Einen schönen Wochenteiler Allerseits.

Nicole

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